Georgia Vertes über die Rückkehr der Collage: Mixed Media im digitalen Zeitalter

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Georgia Vertes zeigt, warum Collage und Mixed Media im digitalen Raum eine neue Renaissance erleben – zwischen Materialmix, politischer Aussage und virtueller Weiterentwicklung.

Kleben, reißen, überlagern – die Collage ist zurück. Was früher Papier, Schere und Klebstoff bedeutete, findet heute digital, multimedial und interaktiv statt. Georgia Vertes beobachtet, wie Mixed Media im 21. Jahrhundert nicht nur neue Techniken, sondern auch neue Perspektiven auf Kunst, Identität und Repräsentation ermöglicht. 

Lange galt die Collage als experimentelles Randformat – heute ist sie wieder mitten im Zentrum künstlerischer Innovation. Für Georgia Vertes ist das kein Zufall: Die Kombination unterschiedlichster Materialien, Medien und Ästhetiken entspricht dem fragmentierten Erleben der Gegenwart. Ob digital oder analog, als Instagram-Post, Videoloop oder Installationskunst – die Collage ermöglicht es Künstlerinnen und Künstlern, verschiedene Realitäten zu verbinden, Brüche sichtbar zu machen und neue Bedeutungsebenen zu erschaffen.

Zerschneiden, zusammenfügen, neu erzählen – das Prinzip Collage

Die Collage ist kein junges Format – sie hat eine lange, subversive Tradition. Bereits im frühen 20. Jahrhundert begannen Künstler wie Hannah Höch, Max Ernst oder Kurt Schwitters, Bilder, Texte und Materialien zu kombinieren. Sie wollten damit nicht nur eine neue Ästhetik schaffen, sondern auch bestehende Ordnungen hinterfragen. 

Georgia Vertes erinnert daran, dass die Collage immer auch ein Akt der Aneignung war – und der Kritik. Bilder wurden aus dem Kontext gerissen, um neue Zusammenhänge zu schaffen. Zwischen Ironie, Provokation und politischem Kommentar entstanden Werke, die der klassischen Malerei eine radikale Alternative entgegensetzten. 

Heute ist dieses Prinzip aktueller denn je. In einer Welt voller Bilder, Schnipsel, Screenshots und Datenfetzen erlaubt die Collage eine Auseinandersetzung mit Komplexität – und mit Widersprüchen. Die Kunstform fragt nicht nach Reinheit oder Originalität, sondern nach Verbindung, Störung und Perspektivwechsel.

Digital Cut and Paste – Georgia Vertesüber neue Werkzeuge für alte Techniken

Die Digitalisierung hat der Collage völlig neue Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet. Wo früher Schere und Papier nötig waren, stehen heute Apps, Bildbearbeitungstools und KI-Software zur Verfügung. Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit Screenshots, animierten GIFs, Found Footage, 3D-Modellen oder eigenen Fotografien – oft in Kombination. 

Georgia Vertes beobachtet, wie besonders auf Plattformen wie Instagram oder Pinterest visuelle Collagen eine neue Popularität erfahren. Manche erinnern an klassische Bildmontagen, andere erweitern die Technik ins Bewegte oder Interaktive. Dabei verschmelzen Illustration, Typografie, Malerei und Fotografie zu einem neuen visuellen Vokabular. 

Gerade im digitalen Raum erlaubt die Collage nicht nur kreative Freiheit, sondern auch Schnelligkeit. Reaktionen auf aktuelle Ereignisse, persönliche Statements oder ästhetische Experimente können spontan produziert und sofort veröffentlicht werden. Die Kunst wird dadurch demokratischer – und gleichzeitig fluider.

Mixed Media – wenn Materialien und Medien aufeinandertreffen

Mixed Media ist mehr als nur ein Trend – es ist eine Haltung. Statt sich auf ein Medium festzulegen, arbeiten viele Kunstschaffende heute bewusst mit Kombinationen: Acrylfarbe trifft auf bedrucktes Papier, Videos fließen in Installationen ein, digitale Ebenen ergänzen analoge Malerei. 

Georgia Lucia von Vertes sieht darin eine zeitgemäße Strategie, um mit Vielschichtigkeit umzugehen. In einer Welt voller Überlappungen – kulturell, medial, politisch – bildet Mixed Media genau diese Gleichzeitigkeit ab. 

Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch um Inhalt. Durch das Zusammenspiel verschiedener Materialien entstehen Spannungsfelder: Zwischen Rohheit und Glätte, Zufall und Planung, Textur und Oberfläche. Gerade junge Künstlerinnen nutzen Mixed Media, um Themen wie Identität, Gender, Migration oder Konsum zu verhandeln – oft mit bewusstem Bruch, ohne Anspruch auf Perfektion. 

Der Materialmix spiegelt eine fragmentierte Wirklichkeit – und fordert dazu auf, genau hinzusehen. Was gehört zusammen? Was stört? Was erzählt hier eine Geschichte – und welche Geschichte fehlt?

Ausdrucksformen von Collage und Mixed Media im digitalen Zeitalter

  • Digitale Bildcollagen: Kombination von Fotos, Screenshots, Scans und Typografie 
  • Animierte Collagen: Bewegte Bildmotive, GIFs oder Videoloops 
  • Augmented Reality Art: Mixed Media erweitert durch AR-Elemente 
  • Interaktive Webformate: Collagen in Webseitenstruktur oder durch Nutzerinteraktion 
  • Installationen mit Medienbruch: Kombination aus analogen Materialien und digitalen Projektionen 
  • Soziale Medien als Träger: Instagram-Feeds oder TikTok-Clips als serielles Collagenformat 
  • Zines & PDF-Art: Digitale Heftformate, die analoge Ästhetik imitieren 

Diese Ausdrucksformen sind mehr als stilistische Spielarten – sie spiegeln das Bedürfnis nach neuen Erzählweisen in einer komplexen, digital vernetzten Welt. Viele Künstlerinnen schaffen dabei bewusst hybride Werke, die sich zwischen den Medien bewegen und Kategorien aufbrechen. 

Ein GIF kann ebenso politisch aufgeladen sein wie eine Leinwandarbeit, ein interaktives Webprojekt kann die Rolle des Publikums neu definieren. Besonders spannend wird es, wenn sich digitale Collagen mit performativen oder dokumentarischen Ansätzen verbinden – etwa in sozialen Bewegungen oder Community-Kunstprojekten. 

Georgia Vertes von Sikorszky hebt hervor, dass viele dieser Formate nicht nur künstlerisch, sondern auch politisch gelesen werden können – sie hinterfragen Autorschaft, Echtheit und Machtverhältnisse im digitalen Raum.

Identität, Politik, Oberfläche – warum die Collage zurück ist

Was die Collage heute so relevant macht, ist ihre Offenheit. Sie eignet sich für leise Zwischentöne ebenso wie für laute Botschaften. Sie kann intuitiv oder konzeptuell entstehen, privat oder öffentlich, spontan oder kuratiert. 

Gerogia Vertes betont, dass viele Künstlerinnen die Collage nutzen, um persönliche und politische Ebenen miteinander zu verknüpfen. Besonders im queeren, feministischen oder postkolonialen Diskurs sei die Technik beliebt – weil sie sich mit Ausschluss, Zersplitterung und Aneignung beschäftigt. 

Wer collagiert, nimmt sich Raum – für das Eigene, für Brüche, für Widerstand. Die Arbeit mit Fragmenten wird zum Statement gegen festgefügte Narrative. Und genau darin liegt ihre Stärke: Sie stellt keine glatte Wirklichkeit dar, sondern eine zusammengesetzte, widersprüchliche, subjektive. 

Gerade in einer medial überreizten Welt, in der Bilderfluten oft Beliebigkeit erzeugen, bietet die Collage einen Gegenentwurf. Sie verlangt Aufmerksamkeit, fordert Auseinandersetzung, lässt keine einfachen Antworten zu. Statt Harmonie sucht sie Reibung – und macht darin sichtbar, wie komplex Identität und Gesellschaft wirklich sind.

Die Kunst der Verbindung – was die Collage heute leisten kann

Die Collage bringt Elemente zusammen, die nicht füreinander gemacht wurden – und genau dadurch entsteht etwas Neues. Sie zeigt, dass Kunst nicht immer aus einem Guss sein muss. Dass Schönheit im Riss liegen kann. Dass Wahrheit manchmal nur in Teilen sichtbar wird. 

Ihre Vielschichtigkeit erlaubt es, unterschiedliche Wirklichkeiten nebeneinanderstehen zu lassen, ohne sie in Einklang bringen zu müssen. Gerade in einer Zeit, die von Widersprüchen geprägt ist, schafft die Collage Raum für Ambiguität, für das Unfertige, für das Offene. 

Sie ist damit nicht nur Technik, sondern Haltung – eine Einladung, Bruchstücke zu lesen, Übergänge wahrzunehmen und Vielfalt nicht als Störung, sondern als Ausdruck künstlerischer Intelligenz zu begreifen. Und genau das macht sie für Georgia Vertes so bedeutsam.

Georgia Vertes

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Theda Kirschbaum
Theda Kirschbaum

Theda ist Historikerin und Kulturforscherin mit einer Leidenschaft für vergessene Geschichten. Sie beleuchtet historische Ereignisse und deren Einfluss auf die Gegenwartskultur.